Einleitung
Um eine gewisse Beständigkeit eines Staates zu ermöglichen, müssen daher elementare Regeln bestehen, die den Staat selbst genau definieren. Ebenso grundlegend sind dabei diejenigen Regeln, die im Verhältnis Bürger – Staat einen Ausgleich bewirken und Unrecht gegen die Bürger nahezu unmöglich machen. Dies sind wesenstypische Inhalte einer (modernen) Staatsverfassung. Im Folgenden wird das Grundgesetz als Verfassung der Bundesrepublik Deutschlands Erläuterungsgegenstand sein. Angesichts der negativen Erfahrung mit dem Dritten Reich erhielt das Grundgesetz eine besondere, geschichtlich-einzigartige Prägung. So fanden dort erstmalig in der deutschen Geschichte auch Werte menschlichen und friedlichen Verhaltens Einzug. Das Grundgesetz bildet so, verglichen mit ihrem unmittelbaren Vorgänger, der Weimarer Verfassung, eine Stärkung, indem diese Erfahrungen mit einem unmenschlichen, diktatorischen Unrechtsstaat miteinflossen. Ziel der Verfassungsväter war, einen Aufstieg antidemokratischer Regime mit der Idee einer wehrbaren Demokratie von Anfang an zu unterbinden. Daher versah man das Grundgesetz mit Normen, die dem Schutz der Demokratie und der Menschenrechte dienen sollten.
Verfassungsrecht
An erster Stelle muss zunächst geklärt werden, was der Begriff Verfassungsrecht umfasst. Verfassungsrechtliche Normen strahlen wegen ihrer Höchstpositionierung in der Normenhierarchie in alle einfachgesetzlich geregelten Bereiche hinein, was besonders klar bei der Auslegung von Gesetzen, Verordnungen und Satzungen sowie sonstiger staatlicher Hoheitsakte zu Tage tritt. Denn die Auslegung erfolgt stets unter Achtung der Verfassungskonformität. Dabei muss zum einen die betreffende Norm zunächst mit dem Grundgesetz vereinbar sein und zum anderen die konkrete Anwendung derselben durch die staatlichen Behörden verfassungsmäßig geschehen.
Begrifflich lässt sich Verfassungsrecht relativ einfach eingrenzen. Verfassungsrecht umfasst die Staatsorganisation und deren Ablauf, die Staatsstrukturprinzipien und das Verhältnis des Bürgers zum Staat, insbesondere durch die Grundrechte in Art. 1 bis 19 GG.
Die Staatsorganisation betrifft Angelegenheiten der staatlichen Organe sowie deren Verhältnis untereinander. Staatsorgane sind beispielsweise Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht und auch Parteien. Dabei erfahren die genaueren Rechte und Pflichten der unterschiedlichen Bundesorgane konkrete oder richtungsweisende Festlegungen. Die Staatsstrukturprinzipien zeichnen den strukturellen Rahmenaufbau der Bundesrepublik Deutschland. Es sind diese der Rechtsstaat, der Sozialstaat, der Bundesstaat, die Demokratie und die Republik. Ebenso gehört zur Staatsorganisation das Prinzip der Gewaltenteilung. Staatliche Gewalt ist danach streng in Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Verwaltung), sowie Judikative (Rechtsprechung) aufgeteilt. Dadurch wird willkürliches Verhalten einer Staatsgewalt durch die ständige gegenseitige Kontrollmöglichkeit der anderen beiden weitestgehend unmöglich gemacht. Ein anderer Begriff dafür ist die interorganschaftliche Kontrolle.
Die Grundrechte gehören ebenso der Materie des Verfassungsrechts an. Durch ihre Verortung an vorderster Stelle des Grundgesetzes spiegelt sich deren enorme Wichtigkeit wider. Die Grundrechte sind gesicherte Positionen eines jeden Einzelnen. Diese sind nur sehr bedingt durch staatlichen Einfluss antastbar. Dennoch muss durch Gerichte die Achtung und Einhaltung von Grundrechten stets überwacht und nötigenfalls korrigiert werden. Der Grund liegt darin, dass durch die Fülle staatlicher Maßnahmen gegenüber den Bürgern immer die mögliche Gefahr einer Grundrechtsverletzung besteht.
Zuständiges Gericht für solche verfassungsrechtliche Streitigkeiten aller denkbaren Arten ist einzig das Bundesverfassungsgericht, dessen Sitz sich in Karlsruhe befindet. Das BVerfG besteht aus zwei Senaten, die beide unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche aufweisen. Der erste entscheidet bei Verfassungsbeschwerden und über die Auslegung bestimmter grundgesetzlicher Normen.
Der zweite Senat beschäftigt sich mit Fragen, die über zivilgerichtliche Angelegenheiten zu einer Verfassungsbeschwerde geführt haben. Im Durchschnitt beträgt die Verfahrensdauer einer Verfassungsbeschwerde bis zum Urteilsspruch mittlerweile mindestens zwei Jahre.
Im Übrigen sind die wichtigsten Kernbereiche des Grundgesetzes durch die sogenannte Ewigkeitsklausel aus Art. 79 Absatz 3 GG geschützt. Eine Veränderung der Kernbereiche ist nach dieser Norm ausnahmslos unzulässig.
Weiter ist zu klären, wann und in welcher Form man das Bundesverfassungsgericht anrufen könnte. Als Einzelperson gibt es dazu nur eine Möglichkeit. Diese wäre die Verfassungsbeschwerde, die von jedermann erhoben werden kann, der behauptet in seinen Grundrechten oder grundrechtsähnlichen Rechten verletzt worden zu sein. Diese müsste durch eine hoheitliche Maßnahme erfolgt sein.