Viele Menschen scheuen davor zurück, einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Wer einen Rechtsanwalt braucht, so meinen sie, der steckt entweder selbst in einer unangenehmen Situation oder will andere in eine solche unangenehme Situation bringen. Anwälte werden vorrangig als Verteidiger zwielichtiger Zeitgenossen wahrgenommen oder als unbeliebte Vertreter von nicht ganz seriösen Vermietern oder Geschäftemachern.
Rechtsanwälte stehen darüber hinaus in dem Ruf, viel Geld zu kosten und in unverständlicher “Juristensprache” zu reden. Wer solche Vorurteile pflegt, übersieht den Nutzen juristischer Kompetenz im Alltag.
Der Rechtsanwalt als Berater
Ein guter Rechtsanwalt wird zunächst als Berater tätig. In einem ersten Gespräch hört er sich den Sachverhalt an und erklärt dann die juristischen Zusammenhänge.
Der Bewohner einer Mietwohnung, der sich durch ständige laute Musik aus der Nachbarwohnung gestört fühlt, erfährt vom Anwalt zunächst einmal, dass er selbst nichts gegen den lauten Nachbarn unternehmen kann. Nach zuerst freundlichen und dann nachdrücklichen Bitten hatte dieser sich geweigert, seine Musik leiser zu stellen. Vom Rechtsanwalt erhält der Gestörte den Rat, ein Protokoll darüber zu führen, wann die Musik so laut war, dass sie ihn in der eigenen Wohnung störte. Besonders wichtig ist es, auch Störungen zu den nächtlichen Ruhezeiten festzuhalten. Als nächstes empfiehlt der Rechtsanwalt, sich schriftlich an den Vermieter zu wenden, diesem das Problem zu schildern , eine Kopie des Lärmprotokolls beizufügen und sein Einschreiten zu verlangen.
Der in mietrechtlichen Fragen erfahrene Rechtsanwalt empfiehlt, dem Vermieter für den Fall, dass die Lärmbelästigung nicht innerhalb von 14 Tagen ein Ende finden würde, eine Mietminderung anzukündigen.
Auf einen weiteren Rat des Anwalts hin übermittelt der gestörte Mieter dem Vermieter oder der Hausverwaltung sein
Schreiben persönlich gegen Quittung oder per Einschreiben mit Rückschein. Auf diese Weise kann er später nachweisen, wann der Vermieter Kenntnis über seine Beschwerde erlangt hat.
Eine derartige Beratung beim Rechtsanwalt ist nicht teuer. Sie versetzt den Beratenen in die Lage, selbst sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Dadurch werden unnötige Streitereien und Auseinandersetzungen mit dem Nachbarn vermieden.
Der Rechtsanwalt als Interessenvertreter und Beistand
Eine Beratung beim Anwalt reicht nicht immer aus, um Probleme zu lösen.
Eine seit mehr als zwanzig Jahren verheiratete Frau fühlt sich von ihrem Ehemann nicht mehr geliebt und durch seine Eifersucht eingeengt. Nachdem die Kinder aus dem Haus sind, möchte die Frau nicht nur zu Hause bleiben, sondern mit ihren Freundinnen etwas unternehmen. Es kommt zu unschönen Auseinandersetzungen. Der Ehemann wirft ihr nicht nur vor, einen Liebhaber zu suchen sondern bedrängt sie auch tätlich.
Nach einem Übergriff verlässt die Ehefrau fluchtartig die Ehewohnung und übernachtet bei einer Freundin. Sie will sich von ihrem Ehemann, der sie schon häufiger unter Alkoholeinfluss und bei Wutanfällen nach ihr geschlagen hatte, trennen. Die Freundin kennt eine einfühlsame, auf Familienrecht spezialisierte Rechtsanwältin.
Bei akuten Eheproblemen ist neben Beratung auch Beistand notwendig. Viele Fragen müssen geklärt werden. Aufgrund der emotionalen Betroffenheit ist es schwer, selbständig notwendige Schritte einzuleiten und den Kontakt zum Gegner aufzunehmen. Dies übernimmt die Rechtsanwältin in distanzierter, sachlicher Form. Die Nutzung der Ehewohnung muss ebenso geregelt werden wie ein eventueller Anspruch auf Zahlung von Ehegattenunterhalt während des Getrenntlebens. Die Hausratsteilung sollte zumindestens vorbereitet werden. Eine Aufstellung aller zum Hausrat gehörender Wertgegenstände ist dabei wichtig. Ein eigenes Konto muss angelegt werden.
Bei längerfristiger Zusammenarbeit ist das Vertrauen zwischen Rechtsanwalt und Mandant besonders wichtig. Ein guter Rechtsanwalt wird immer darum bemüht sein, dem Mandanten jeden Schritt, den er in seiner Angelegenheit unternimmt, nachvollziehbar zu erklären. Es sollte nicht das Gefühl entstehen, durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts die eigene Herrschaft über eine Situation verloren zu haben. Die letzte Entscheidung darüber, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, liegt immer beim Auftraggeber. Der Mandant kann die Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt aus persönlichen oder aus sachlichen Gründen jederzeit wieder beenden.